Wie gut funktionieren virtuelle Inhalte in Bürgerbeteiligungsverfahren?

Wie lassen sich die neuen digitalen Tools wie Virtual Reality und Augmented Reality in Partizipationsprozesse einbinden?

Virtuelle Welten: Moderne Visualisierungsmethoden in der Bürgerbeteiligung

Neben den Grundregeln der Kommunikation ist es im Bürgerdialog wichtig, komplexe Sachverhalte verständlich zu kommunizieren, damit alle Beteiligten im Anschluss auf Augenhöhe diskutieren können. Gerade Visualisierungen beschleunigen in der Bürgerkommunikation den Prozess der Verständlichkeit. Die Palette der Visualisierungen reicht von den klassischen Methoden wie Renderings (2D/3D-Abbildungen), Architekturmodellen und Animationsfilmen bis hin zu innovativen Ansätzen wie Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Cave Automatic Virtual Environment (CAVE). Doch welche Visualisierungstechnik ist das Mittel der Wahl, und was können Visualisierungen in der Bürgerbeteiligung derzeit leisten?

Visualisierungen im Einsatz – von klassisch bis innovativ
 

Planungsvorhaben sowie Informations- und Dialogveranstaltungen zu Infrastrukturprojekten leben auf der einen Seite von der Sprache. Auf der anderen Seite stehen die Bilder, also Visualisierung des geplanten Vorhabens, um das Projekt erlebbar und greifbar zu machen. Klassische Techniken der Visualisierungen sind Renderings, zuvor programmierte oder aufgenommenen Datensätze, die in zwei- oder dreidimensionale Bilder umgewandelt werden. Trassensuchräume oder Kabelverläufe können mit Renderings einfach dargestellt werden. Architekturmodelle und geführte Animationsfilme gehen ein Stück weiter und geben ein realistischeres Bild ab, um beispielsweise die Dimension eines neuen Gebäudes zu erfassen. Echtzeitsimulationen und Info-Points bieten dem Betrachter bereits deutlich mehr Handlungsspielraum, da der Anwender sich frei im Raum bewegen und selbstbestimmt navigieren kann.

Virtual & Augmented Reality - was steckt dahinter?
 

Ein echtes Eintauchen in eine virtuelle Welt bietet schließlich die Virtual Reality. Zum Einsatz kommen dabei zum Beispiel geschlossene VR-Brillen oder die sogenannte Cave Automatic Virtual Environment, kurz „CAVE“. Hierbei handelt es sich um einen Raum zur Projektion einer dreidimensionalen Illusionswelt der Realität. Das ermöglicht beispielsweise einen virtuellen Helikopterflug über eine Offshore-Konverterstation. Während Virtual Reality die reale Welt vollständig ausblendet, damit der Nutzer in die virtuelle Umgebung abtauchen kann, bleibt die Realität bei Augmented Reality weiterhin erhalten und wird lediglich um virtuelle Elemente ergänzt. Die Technik der Augmented Reality erweitert die menschliche Wahrnehmung in Echtzeit durch Texte, Videos, Bilder oder dreidimensionale Animationen. So können zum Beispiel neu geplante Freileitungsmasten in die konkreten Örtlichkeiten des Vorhabens eingeblendet und so greifbar gemacht werden. Die Dimension des Bauvorhabens wird auf diese Weise realistisch abgebildet. Generell ist der Einsatz der verschiedenen Visualisierungsmethoden abhängig von der Phase und den Anforderungen des Verfahrens.

Visualisierungen in der Praxis – was kommt gut an?
 

Das Forschungsprojekt VisB+ der Universität Hohenheim hat sich zusammen mit dem Frauenhofer Institut mit dem Thema Visualisierung von Bauprojekten in der Bürgerbeteiligung beschäftigt. Dabei hat sich gezeigt, dass die wichtigsten Anforderungen an Visualisierungen die Glaubwürdigkeit, Authentizität und Realismus der gezeigten Techniken sind. An zweiter Stelle stehen Echtzeitsteuerung und Interaktivität, danach die Immersion (Möglichkeit des Eintauchens) und schließlich die Abstraktion. Die Forschergruppe fand heraus, dass die klassischen Visualisierungsmethoden sich als weniger glaubwürdig erwiesen. Am schlechtesten schnitten die Renderings ab, die in Beteiligungsformaten derzeit noch am häufigsten zum Einsatz kommen. Hauptkritikpunkt beim Einsatz der Renderings ist die fehlende Möglichkeit des Perspektivenwechsels. Die Abbildung gibt dem Betrachter die Blickperspektive vor, was zu einer negativeren Bewertung beiträgt.

Virtuelle Welten – was können Virtual Reality und Augmented Reality leisten?
 

Die Technik der Virtual Reality CAVE wurde vom Forschungsprojekt als realistischste und verständlichste Methode beurteilt. Diese innovative Technik sichert einen sehr effektiven und schnellen Einstieg in das visualisierte Projekt, fachliche Vorkenntnisse sind dabei nicht notwendig. Dabei hat Virtual Reality zudem den höchsten Immersionsgrad, also ermöglicht ein regelrechtes Eintauchen in Bauvorhaben und andere Großprojekte. Mit realen Planungsdaten als Basis bieten die virtuellen Methoden darüber hinaus ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz. Die Nutzung von Augmented Reality hat wiederum auch einen klaren Vorteil: Die Nutzung eines Tools der Augmented Reality ist mit einem Tablet oder Handy denkbar einfach, da diese sehr niederschwellig zu bedienen sind. Zudem eignen sich AR Tools auch für die Verwendung bei einer größeren Zahl von Anwendern. Vorteilhaft ist auch, dass der Nutzer nicht von der Umwelt abgeschottet ist, er/sie kann jederzeit mit anderen Teilnehmern in Dialog treten. Informationen werden auf diese Weise ohne Vorkenntnisse erfahrbar und erlebbar gemacht.

Unsere 4 Tipps für Visualisierungstechniken in der Bürgerbeteiligung
 

  1. Ziele eruieren: Welche Visualisierung eingesetzt wird, ist von vielen Faktoren abhängig. In welcher Phase befindet sich das Projekt? Welcher Planungsstand soll abgebildet werden? Was sind die Stakeholder-Erwartungen? Das gilt es zunächst zu klären.
     
  2. Bedarf erfassen: Besonders wichtig ist der Einsatz von Visualisierungen bei strittigen Punkten. Verständliche Kommunikation ist vor allem in der Genehmigungsphase von besonderer Bedeutung, um möglichst alle Stakeholdergruppen abzuholen.
     
  3. Zielgruppe sondieren: So eignet sich beispielsweise die Methode der VR CAVE als besonderes Tool für kleine Gruppen von Stakeholdern, um beispielsweise ein Bauvorhaben im Gemeinderat verständlich darzustellen.
     
  4. Kosten versus Nutzen: Trotz aller Vorteile der virtuellen Tools gibt es auch einen großen Nachteil: Der Faktor Kosten für die Programmierung entsprechender Anwendungen lassen den Vorhabensträger derzeit noch häufig von aufwendigen virtuellen Methoden Abstand nehmen.

Fazit: Die Bedeutung und Häufigkeit der Anwendung auch virtueller Tools wird perspektivisch immer weiter zunehmen. Dabei ist auch heute schon die gezielte Einbindung dieser Mittel in ein professionelles Beteiligungsverfahren nicht nur bei großen Vorhaben sehr effektiv und gewinnbringend und kann uns heute schon die Welt von morgen erleben lassen.

Weiterführende Information zum Thema Visualisierungsmethoden bietet das Forschungsprojekt VisB+ der Universität Hohenheim und dem Frauenhofer Institut.

Die Begleitbroschüre „Leitfaden für die Bürgerbeteiligung: Bauprojekte visualisieren“ ist unter folgendem Link abrufbar:

Forschung_Bauprojekte_Visualisieren_Nr._86.pdf (bwstiftung.de)

Stakeholdern komplexe Sachverhalte verständlich zu kommunizieren, um anschließend auf Augenhöhe zu diskutieren:

Gerade Visualisierungen beschleunigen in der Bürgerkommunikation den Prozess der Verständlichkeit.“